Bahn: Monatelange Sanierung der Siegstrecke – Kritik an geplanter Totalsperrung ohne Zweigleisigkeit

Köln-Windeck-Siegen: Die Deutsche Bahn (DB) plant, die wichtige Bahnverbindung zwischen Siegen und Köln ab Ende 2026 für etwa sieben Monate komplett zu sperren, um notwendige Sanierungsarbeiten durchzuführen. Diese Maßnahme, die erhebliche Auswirkungen auf den Personen- und Güterverkehr haben wird, stößt auf scharfe Kritik. Der Grund: Offenbar sollen die seit Jahrzehnten bestehenden eingleisigen Abschnitte entlang der Siegstrecke nicht im Rahmen dieser Sperrung beseitigt werden. Diese Information wurde über einen Social-Media-Beitrag von Siegen-Wittgensteins Landrat Andreas Müller bekannt.

Eine verpasste Chance?

Die Entscheidung der DB, die Gelegenheit der geplanten Vollsperrung nicht für einen vollständigen zweigleisigen Ausbau zu nutzen, ruft bei Politik, Wirtschaft und Verbänden gleichermaßen Empörung hervor. Landrat Müller hat sich gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus den Kreisen Altenkirchen und Olpe sowie zahlreichen weiteren regionalen Partnern positioniert. Ihr gemeinsamer Appell ist klar: Die anstehende Sperrung muss für eine umfassende Modernisierung und den zweigleisigen Ausbau der Strecke genutzt werden.

Die Notwendigkeit des Ausbaus ist seit Langem bekannt. Zwischen Au (Sieg) und Siegen existieren noch immer zwei kurze eingleisige Passagen, Relikte von Kriegsschäden, die bis heute nicht behoben wurden. Diese Engstellen sind maßgeblich für die chronische Unpünktlichkeit der Regionalexpress-Linie RE9 verantwortlich, die regelmäßig zu den unzuverlässigsten Verbindungen in Nordrhein-Westfalen zählt. Schnellere Züge werden hier von langsameren Verbindungen ausgebremst, was sich dominoartig auf den gesamten Fahrplan auswirkt und zu erheblichen Verspätungen führt.

Obwohl der zweigleisige Ausbau als „Vordringlicher Bedarf“ im Bundesverkehrswegeplan verankert ist, deutet sich hier keine unmittelbare Verbesserung an. Aus Sicht der Kritiker, darunter Landrat Müller und die Mitunterzeichner eines Protestschreibens an DB-Chef Richard Lutz, stellt dies eine grobe Versäumnis dar, die Leistungsfähigkeit der Strecke nachhaltig zu steigern.

Forderung nach Umdenken und zügiger Planung

„Nach 80 Jahren muss endlich Schluss sein mit dieser Eingleisigkeit“, fordert Müller. „Personen- und Güterverkehr brauchen das dringend.“ Die Forderung ist eindeutig: Die geplante Sanierung sollte so lange verschoben werden, bis eine gleichzeitige Umsetzung des zweigleisigen Ausbaus möglich ist. Sollte dies nicht realisierbar sein, müsse zumindest unverzüglich mit den Planungen für die Zweigleisigkeit begonnen werden, um diese direkt im Anschluss an die aktuelle Sperrung ohne weitere langwierige Unterbrechungen realisieren zu können.

Achim Walder vom Büro für Integrierte Verkehrsplanung und Stadtentwicklung in Kreuztal, ein ausgewiesener Experte für die regionale Bahninfrastruktur, unterstreicht die Komplexität eines zweigleisigen Ausbaus. Er weist auf die Herausforderungen hin, insbesondere die Existenz eingleisiger Brücken, die auf zweigleisige Tunnel mit mittig angeordneter Oberleitung treffen. Diese baulichen Gegebenheiten erfordern eine umfassende und koordinierte Planung.

Das Protestschreiben wird von einem breiten Bündnis aus Politik und Wirtschaft getragen. Zu den Unterstützern gehören die Industrie- und Handelskammern Köln, Bonn/Rhein-Sieg, Koblenz und Siegen, der DGB Region Südwestfalen, diverse Arbeitgeberverbände, die IG Metall Siegen und Olpe, Verdi Südwestfalen, die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd sowie Verkehrsunternehmen wie die Hessische Landesbahn, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, der Zweckverband SPNV RLP Nord und die Kreisbahn Siegen-Wittgenstein.

Die Deutsche Bahn hat sich bislang nicht konkret zu den Forderungen geäußert. Ein Sprecher bestätigte lediglich, dass die Sperrung zwischen dem 11. Dezember 2026 und dem 9. Juli 2027 geplant ist. In dieser Zeit sollen Verkehrsstationen modernisiert, Brücken saniert und Oberbauarbeiten durchgeführt werden. Zur Frage des zweigleisigen Ausbaus im Zuge dieser Arbeiten gab die Bahn keine Auskunft.

Pendler und Fahrgäste müssen sich nach aktuellem Stand auf monatelange Einschränkungen einstellen. Die Bahn machte bislang keine Angaben zu den geplanten Schienenersatzverkehren. Details dazu sollen frühestens Ende 2026 bekanntgegeben werden. Die Auswirkungen betreffen sowohl den Regionalverkehr des RE9 als auch den S-Bahn-Verkehr auf den Linien S12 und S19.

3 Kommentare für “Bahn: Monatelange Sanierung der Siegstrecke – Kritik an geplanter Totalsperrung ohne Zweigleisigkeit

  1. „Relikte von Kriegsschäden“

    Teils-teils. Der Eisenbahntunnel bei Rosbach ist kein solches Relikt und als solches (mein Eindruck) ein typisches Beispiel für einen ehemals zwar zweispurig nutzbaren Dampfloktunnel, allerdings heute mit elektrifizierten Streckenausbau nicht mehr als solches verwendbar, da die lichte Höhe nur für eine Spur in der Mitte ausreicht. Bei zwei Spuren würde im jetzigen Zustand keine Oberleitung reinpassen.

    • Es gäbe auch noch weitere gravierende Nachteile eines zweigleisigen Ausbaus:

      Der Güterverkehr würde stark zunehmen und zu einer erheblichen Lärmbelästigung fűhren in vielen Ortsteilen, die direkt an der Bahn sind oder auch durch Schall im Siegtal. Niemand glaubt doch ernsthaft, daß durchgängig Schallschutzwände gebaut werden ausser vllt. Lieschen Müller?

      Pünktlichkeit: Personenzüge würden ggf. immer warten müssen, wenn Güterzüge gleichzeitig das Gleis brauchen. Also da bin ich auch nicht überzeugt.

      Bahnübergänge werden öfter und länger geschlossen sein aufgrund von mehr Verkehr auf dem Gleis.

      Mancher Krankenwagen wird vllt. die 5-15 Min. zu spät kommen, die Leben gerettet hätten oder wo Auswirkungen bei Überlebenden weniger schlimm gewesen wären bei früheren Ankommen des Notarztes z. B. Schlaganfall o.ä.

      Also alle, Privatpersonen oder ( Wirtschafts- ) Verbände oder Gewerkschaften oder Bürgermeister, jammert nicht, wenn ihr das bekommen hat, wonach ihr gerufen habt!

      Man sollte immer vorsichtig mit seinen Wünschen sein. Sie könnten mal in Erfüllung gehen 😉

      In diesem Sinn…

      Sven

      • 1. Güterverkehr würde zunehmen?
        Vielleicht, wenn die Autofanatiker nicht die Komplette Gütersparte gegen die Wand fahren und weiter den LKW subventionieren, da beschwert sich auch keiner, wenn die durch den Ort brettern.

        2.Da die ganzen Ausweichstellen abgebaut wurden, würde der Personenzug nicht warten müssen, hätte kein Ausweichgleis.

        3. Dann müssten sie mit dem Bahnübergang ja alle Züge verbieten und am besten alle Ampeln auch und da andere Autos den Krankenwagen auch behindern könnten, die am besten auch!

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