Der Schock saß tief, als Uwe Steiniger das Team der Klostergastronomie Marienthal am Freitag, den 13. März zusammenrief: „Leute, wir werden wohl vorläufig schließen müssen“. Freistellungen und Kurzarbeit waren unausweichlich, so wie in der gesamten Branche. Eine der vielen Sorgen Steinigers dabei, die Zukunft seiner Auszubildenden in der Klostergastronomie: Nesrin Sezer (angehende Restaurantfachfrau im dritten Lehrjahr), sowie Daria Breitenbücher und Marco Bruchtertseifer (angehende Köche im zweiten und im ersten Lehrjahr).
Bereits am darauffolgenden Montag klingelte in Marienthal das Telefon, am Apparat war Thea Fischer, HR-Managerin bei Eckes-Granini im Werk Bröl. Die Mitarbeiterkantine dort wird seit Jahren von der Firma Steiniger betrieben. Auch hier stand die Frage im Raum: „Was machen wir jetzt, schließen?“. Bereits nach wenigen Sätzen kam man allerdings überein, die aktuelle Lage, die Vorgaben gründlichst zu prüfen, damit die Azubis hier eigenverantwortlich tätig werden können.
Nach Rücksprache mit Werksleiter Volker Spohr wurde die Kantine umgehend den strikten Auflagen und Kriterien entsprechend hergerichtet: Abstand gewährleisten, Desinfektionsstationen, Schutzmasken, Plexiglaswände etc., so dass der Betrieb sichergestellt werden kann. Dies nicht nur zur Freude der drei jungen Leute samt Ausbilder, die Mitarbeiter vor Ort standen ebenfalls geschlossen hinter dieser Entscheidung. „Letztlich haben alle was davon“ so der Kantinenbeauftrage Ingo Pawlitzki. „Wir bieten trotz Krisenzeit Perspektiven, bekommen dafür weiterhin frischbelegte Brötchen und hausgemachtes Essen“. Volker Spohr kannte die angehenden Gastronomen zudem persönlich, denn sie hatten ihn bereits im vergangenen Jahr als Ehrengast zum „Young Chefs Table“ in ihr Talentrestaurant „ViΛ“ eingeladen, welches Uwe Steiniger eigens für den Gastro-Nachwuchs im Kloster eingerichtet hat. „Mir hat da schon die Entschlossenheit und der Mut der jungen Leute imponiert. Dies gilt es zu bewahren! Von daher haben wir gemeinsam eine pragmatische Lösung gefunden, man kennt sich, man hilft sich!“. Nesrin, Daria und Marco erhalten dadurch nicht nur weiterhin volles Gehalt, sie lernen vielmehr eigene Speisepläne zu erstellen, die Wünsche der Mitarbeiter dabei zu berücksichtigen, korrekt zu deklarieren und vor allem genau zu kalkulieren.
Das Ganze gilt es letztlich appetitlich und lecker auf die Teller zu bringen. „Früher dachte immer, ach Kantine, das hat mit Gastronomie nichts zu tun“, gibt Nesrin Sezer offen zu. „Ich muss gestehen, da lag ich völlig daneben! Die neuen Erfahrungen zeigen mir, worauf man alles genau achten muss. Einen erstklassigen Wein Gästen auszuschenken, die sich einmal im Monat verwöhnen lassen, das ist wesentlich einfacher, als hartarbeitenden Menschen tagtäglich ihre Pause angenehm zu gestalten. Ich kann hier aber beides vereinen, denn ob Rinderfilet mit Spätburgunder, oder Gulasch mit Nudeln, beides muss mit Liebe zubereitet und eben auch serviert werden“. Daria und Marco schließen sich dieser Auffassung an: „Ob im Restaurant oder in einer Betriebskantine, kein Mensch hat Bock auf Nullachtfuffzehn! Was noch alles dahintersteckt, dokumentieren, kalkulieren, vom Apfelmus bis zum Z-Abschlag, das ist uns jetzt erst einmal klar geworden“. Die drei Azubis sind jedenfalls heilfroh, dass sie ihren Lebensunterhalt wie gewohnt und ohne Abstriche bestreiten können. Darüber hinaus über das große Vertrauen und die gelebte Solidarität, die ihnen bei Eckes-Granini entgegengebracht wurde.
Uwe Steiniger, bekennender Fan regionaler Produkte, verweist gerne darauf hin, dass selbst weltweit bekannte Unternehmen heimische Wurzeln haben: „Wenn diese, wie in unserem Fall, nicht vergessen werden, können wir doch mit stolz sagen, dass die Limo oder der Saft auch hier bei uns hergestellt werden“.